Kollagen-Pulver wird häufig in den sozialen Medien als Wundermittel für straffe Haut und weniger Falten beworben. Und das scheint anzukommen. Das Marktforschungsunternehmen Mordor Intelligence schätzt den weltweiten Umsatz mit Kollagenprodukten für 2024 auf etwa 5,5 Milliarden Euro und prognostiziert bis 2029 ein jährliches Wachstum um 7,7 Prozent.
Die Kollagen-Pulver werden zum Beispiel in den morgendlichen Kaffee oder Tee gerührt und sollen zu strafferer Haut, weniger Falten und einem festeren Bindegewebe verhelfen. Und das zu Preisen von bis zu 40 Euro pro 500-Gramm-Packung. Doch was steckt dahinter? Wie wichtig ist Kollagen für den Körper? Was bringt es, Kollagen als Pulver einzunehmen? Und kann es auch Nebenwirkungen haben?
Kollagen ist Hauptbestandteil von Haut, Knochen, Gelenken und Sehnen und sorgt dort für Festigkeit, Elastizität und Struktur.
Was bewirkt Kollagen im Körper?
Kollagen ist ein Strukturprotein, das etwa 30 Prozent des gesamten Proteins (Eiweiß) im menschlichen Körper ausmacht. Der Körper produziert Kollagen selbst, indem er Proteine aus der Nahrung in ihre Bestandteile zerlegt und diese neu zusammensetzt. Hauptbestandteile sind die Aminosäuren Glycin, Lysin und Prolin.
„Kollagen ist Hauptbestandteil von Haut, Knochen, Gelenken und Sehnen und sorgt dort für Festigkeit, Elastizität und Struktur“ erklärt Dr. Yael Adler, Dermatologin und Autorin („Genial ernährt!“). Insgesamt gibt es mindestens 28 Typen von Kollagen, die an unterschiedlichen Körperstellen zu finden sind – die wichtigsten:
- Typ I: Kommt in Haut, Sehnen, Knochen und Bändern vor und macht 90 Prozent des körpereigenen Kollagens aus
- Typ II: Hauptbestandteil von Gelenkknorpeln und damit wichtig für die Beweglichkeit
- Typ III: Sorgt für die Elastizität der Haut und findet sich unter anderem in Blutgefäßen und Muskeln
Kollagen-Pulver wird gar nicht benötigt, sofern Sie sich ausgewogen und proteinreich ernähren.
Warum meint mancher, Kollagen einnehmen zu müssen?
Da die körpereigene Kollagenproduktion ab dem 25. Lebensjahr abnimmt, glauben manche Menschen, sie müssten Kollagen über Nahrungsergänzungsmittel aufnehmen. Sie hoffen, dadurch etwas für ihre Hautgesundheit zu tun, für schönere Haare und Nägel zu sorgen und einen Anti-Aging-Effekt zu erzielen.
Kollagen ist jedoch nichts anderes als ein Protein, das der Körper auch selbst herstellen kann. „Kollagen-Pulver wird gar nicht benötigt, sofern Sie sich ausgewogen und proteinreich ernähren“, erklärt Dr. Katharina Herberger, Leitung der Translationalen Laserforschung in der Dermatologie am Universitätklinikum Hamburg-Eppendorf und Inhaberin einer Privatpraxis.
Welche Nahrungsmittel enthalten Proteine zur Kollagenbildung?
Hauptsächlich kommt Kollagen in tierischen Produkten wie Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch sowie Fisch vor. Für alle, die aus ethischen und gesundheitlichen Gründen wenig bis kein Fleisch essen wollen, gibt es auch vegetarische und vegane Proteinquellen, die Aminosäuren enthalten, die der Körper für die Herstellung von Kollagen benötigt, zum Beispiel ein gesunder Mix aus Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Skyr, Hüttenkäse, Nüssen und Samen.
Woraus werden Kollagen-Pulver gewonnen?
Die meisten Kollagenprodukte werden aus der Haut und den Knochen von Rindern, Schweinen und Hühnern erzeugt, außerdem aus Fischhäuten und -schuppen. „Durch biotechnologische Verfahren wie Fermentationsprozesse kann zum Beispiel aus der Tabakpflanze oder aus Hefe auch veganer Kollagenersatz gewonnen werden“, erklärt Dermatolgin Adler. Bei den aktuell als veganes Kollagen angebotenen Supplements handelt es sich jedoch nicht um echtes Kollagen, sondern um Alternativen, die die Kollagenproduktion im Körper anregen soll. Sie bestehen aus einem Gemisch mehrerer Aminosäuren, meist Glycin, Lysin und Hydroxyprolin. Der Begriff Kollagen ist in diesem Zusammenhang irreführend, da Kollagen immer tierischer Herkunft ist.
Wie viel Kollagen kann man pro Tag einnehmen?
Das Bundesinstitut für Risikobewertung gibt fünf Gramm Kollagen – aufgenommen über Nahrungsergänzungsmittel – pro Tag als unbedenkliche Menge an. Da es sich bei Kollagen um Eiweiß handelt, zahlt diese Menge auf den täglichen Eiweißbedarf eines Menschen ein. Dieser liegt laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Menschen zwischen 19 und 65 Jahren bei 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht; Menschen ab 65 Jahren wird empfohlen, täglich ein Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich zu nehmen.
Sportlich sehr aktive Menschen können je nach Sportart und Trainingsziel eine flexibel angepasste Proteinversorgung mit etwa 1,2 bis 2,0 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag zu sich nehmen. Die Proteine sollten laut DGE über den Tag verteilt und im Rahmen von Mahlzeiten und nicht als Supplements zugeführt werden.
Wird über einen längeren Zeitraum mehr Protein als nötig aufgenommen, kann das zu gesundheitlichen Problemen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder zu Nierenerkrankungen führen, jedoch ist die Studienlage nicht eindeutig. Überschüssiges Eiweiß wird vom Körper zunächst in Harnstoff umgewandelt und von der Niere ausgeschieden, weshalb Menschen mit Nierenproblemen vor der Einnahme von Kollagenpräparaten und einer sehr proteinreichen Kost sicherheitshalber Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin halten sollten.
Hilft Kollagen-Pulver gegen Falten?
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat gesundheitsbezogene Aussagen über Kollagen in Lebensmitteln bisher abgelehnt, da es noch nicht ausreichend wissenschaftliche Beweise für deren Wirksamkeit gebe, erklärt Angela Clausen, Teamleiterin für Lebensmittel im Gesundheitsmarkt bei der Verbraucherzentrale NRW.
Eine Meta-Analyse mit 26 Studien und 1721 Teilnehmenden aus dem Jahr 2023 zeigt zwar: Hydrolysiertes Kollagen kann Hautfeuchtigkeit und -elastizität verbessern, aus wissenschaftlicher Sicht weisen diese Studien jedoch methodische Mängel auf. So kritisiert die Verbraucherzentrale, dass einige Studien von Herstellern in Auftrag gegeben wurden und daher ein Interessenkonflikt besteht.
Außerdem zweifeln die Verbraucherschützer an, dass Laien die vermeintlichen Hautveränderungen tatsächlich auch optisch wahrnehmen. Das bestätigt auch Dr. Herberger: „Wenn Laien eine Hautveränderung bemerken, könnte auch ein Placebo-Effekt dahinterstecken“. Bedeutet: Die Teilnehmenden stellen aufgrund ihrer Überzeugung eine körperliche Reaktion fest, selbst dann, wenn diese gar nicht eingetroffen ist. Was der Körper nämlich mit dem zugeführten Kollagen tut – ob er also die Haut verbessert oder es für Knochen oder Knorpel verwendet – lässt sich nicht beeinflussen.
Weitere Kritikpunkte sind eine kurze Beobachtungszeit sowie eine fragliche Kontrollgruppe. „Man hätte besser überprüfen müssen, ob ein ähnlicher Effekt bei der Kontrollgruppe bei guter Proteinzufuhr auch eingetreten wäre“, erklärt Dr. Herberger.
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Kann Kollagen-Pulver Nebenwirkungen haben?
Theoretisch kann es beim Verzehr von Kollagenprodukten zu allergischen Reaktionen oder Unverträglichkeiten kommen, insbesondere bei Fischallergikern, die Kollagen etwa aus Fischhäuten verzehren. Manche Kollagenprodukte enthalten weitere Stoffe wie Nicotinamid/Nicotinsäure (Vitamin B3), das bei überempfindlichen Menschen zu Gesichtsrötungen oder Hitzewallungen führen kann. Achten Sie daher unbedingt auf die Zusammensetzung der Produkte und sprechen Sie bei Fragen oder Bedenken mit Ihrer Hausärztin beziehungsweise Ihrem Hausarzt.
Was bewirken Kollagen-Produkte in Form von Cremes oder Gels?
Wenn man Kollagen als Nahrungsergänzungsmittel schluckt, kann es im ganzen Körper wirken. Nachdem es im Darm in seine Einzelteile (Aminosäuren) zerlegt wurde, können diese über den Blutkreislauf in die Hautzellen und Gelenke gelangen und dort die Kollagensynthese unterstützen. Wo es jedoch genau wirkt und für was der Körper die aufgenommenen Nährstoffe einsetzt, kann nicht gesteuert werden. Da scheint es naheliegend, stattdessen auf Cremes oder Gels zu setzen, die auf die Haut aufgetragen werden. Kollagencremes wirken aber nur oberflächlich. Die Moleküle seien zu groß und blieben in den oberen Hornschichten liegen, sagt Hautärztin Adler. „Sie können etwas Feuchtigkeit ziehen, aber auf keinen Fall in der Tiefe einen Effekt haben. Davon sollte man nicht zu viel erwarten.“
Kollagen zu sich nehmen – Ja oder Nein?
Zusammenfassend lässt sich sagen: Wer es sich leisten kann und möchte, kann versuchen, Kollagen als Ergänzung einzunehmen – nötig ist das jedoch nicht. Ein sichtbarer Nutzen ist bisher nicht belegt und es ist kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil. Viel wichtiger für eine gesunde Haut sind laut den Expertinnen eine abwechslungsreiche Ernährung mit ausreichend Eiweiß, Obst und Gemüse sowie eine gute Flüssigkeitszufuhr. Die effektivsten Maßnahmen gegen vorzeitige Hautalterung bleiben Sonnenschutz, Sport, ausreichend Schlaf und der Verzicht auf Rauchen und Alkohol.
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